Konsum und nachhaltige Beschaffung
In unserer Konsumgesellschaft wird der Wohlstand und die Zufriedenheit zu einem wesentlichen Teil über den Konsum erlebt.
Laut Österreichs zweitem Freiwilligen Nationaler Bericht zur Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele / SDGs (FNU, 2024) besteht im Bereich des Ziels SDG12 „Nachhaltige/r Konsum und Produktion“ Handlungsbedarf.
Der inländische Materialverbrauch pro Kopf lag für 2022 bei 17,1 t und war damit deutlich höher als der Durchschnitt der EU-27 mit 14,4 t pro Kopf. Das Aufkommen von gefährlichen Abfällen reduzierte sich jedoch erfreulicher Weise von 176 kg pro Kopf (2010) auf 144 kg pro Kopf (2020) um 18,2 %. Möglicherweise auch durch bewussten Einkauf durch die Konsumenten und Konsumentinnen.
Der Schlüssel zur Transformation der Wirtschaft hin zu einer klimaschonenden Kreislaufwirtschaft ist das nachhaltige Beschaffungswesen. Laut Definition ist Nachhaltige Beschaffung die bewusste und planvolle Beschaffung umweltfreundlicher Produkte und Leistungen, die den Geboten der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit folgt und bei deren Herstellung bzw. Erbringung soziale Standards eingehalten werden. Zugleich deckt sie auch andere Leitprinzipien der Nachhaltigkeit ab wie Regionalität und Innovation und die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe, wobei EU-rechtliche Vorgaben einzuhalten sind.
Die nachhaltige Beschaffung wirkt Markt ausgleichend, stärkt die Resilienz, erhöht die regionale Wertschöpfung und ist Motor für zukunftsfähige Innovationen. Bewusst einkaufen ist daher Thema sowohl im privaten als auch im öffentlichen Konsum.
Das Land Niederösterreich hat mit seinem Fahrplan Nachhaltige Beschaffung bereits seit 2015 einen Meilenstein dazu gesetzt und Servicestrukturen zur breiten Umsetzung in der öffentlichen Verwaltung etabliert. 2022 fasste die Landesregierung im Rahmen der Neuauflage des Fahrplans u.a. den Beschluss, sämtliche Kriterien des Nationalen Aktionsplans Nachhaltige öffentliche Beschaffung“ (naBe) zu übernehmen und verpflichtend umzusetzen.
Gesamtbetrachtung von Konsum und nachhaltiger Beschaffung in Niederösterreich
Wie stellt sich die Situation des Konsums und der nachhaltigen Beschaffung aus dem Blickwinkel von SDG Indikatoren dar? Eine Analyse des IIÖ, St.Pölten 2024.
Konsum und nachhaltige Beschaffung - Diagramm
Quelle: IIÖ, St.Pölten 2024
Rahmenbedingungen und Systemausstattung
Wesentliche Rahmenbedingungen des Konsums sind einerseits der finanzielle Spielraum, sich Dinge leisten zu können. Dabei weist Niederösterreich eine vergleichsweise günstige Situation auf. Die Kaufkraft sowie das Einkommensniveau sind in Niederösterreich überdurchschnittlich. Andererseits können auch Alter und Bildungsstand wesentlich bei Konsumentscheidungen sein, wobei generell Personen mit höherer Bildung und hohem Einkommen (in Niederösterreich sind hier gute Voraussetzung gegeben) tendenziell mehr auf Nachhaltigkeit, Umwelt und Gesundheit achten. Nachhaltigkeit muss jedoch nicht immer teurer sein – oft liegt es am Bewusstsein, nachhaltiger einkaufen zu wollen. Öffentliche Bildungsarbeit und ein vielfältiges Angebot durch den Handel leisten gute Vorarbeit. In Summe zeichnet sich in Niederösterreich ein recht positives Bild der Rahmenbedingungen für den Konsum ab.
Indikatoren
+ Kaufkraft
+ Bruttojahreseinkommen Frauen
+ Bruttojahreseinkommen Männer
+ Verfügbarkeit von Kauf im Ort
Nutzungsverhalten – Aktivitäten und Maßnahmen
Das Land vergibt jährlich Aufträge in Millionenhöhe – z.B. für den Straßenbau, den Hochbau, die Abfallwirtschaft, für die Mobilität, für Nahrungsmittel und zahlreiche weitere Produkte und Dienstleistungen. Dieses Potential gilt es, im Sinne der Menschen, der Umwelt und des Landes richtig einzusetzen und weiter zu optimieren.
Das Land Niederösterreich übernimmt im eigenen Zuständigkeitsbereich die naBe Kriterien und setzt mit seinem Fahrplan Nachhaltige Beschaffung https://www.noe.gv.at/noe/Nachhaltigkeit/Fahrplan_Nachhltg_Beschaffung.html und seinem Pflichtenheft für Landesgebäude (2021) https://www.noe.gv.at/noe/Energie/Pflichtenheft.html weitere ambitionierte und auf das Land abgestimmte Akzente.
Energie- und Umweltagentur Niederösterreich, Nachhaltiges Beschaffungsservice
Quelle: © eNu, Rainer Burger
Sämtliche Informationen über Neuentwicklungen und Grundlagen zur nachhaltigen Beschaffung bietet das vom Land Niederösterreich eingesetzte Nachhaltige Beschaffungsservice der NÖ Dorf- und Stadterneuerung https://www.beschaffungsservice.at/ .
Das Serviceangebot reicht von:
- Qualitätskriterien – Informationen für eine nachhaltige Beschaffung werden unter www.beschaffungsservice.at kostenlos angeboten
- Bedarfsorientierte Ausschreibungen von definierten Produktgruppen
- Rabattaktionen für Produkte, die nachhaltige Kriterien erfüllen, für NÖ Gemeinden und Städte
- Beratung der Niederösterreichischen Kommunen bei Beschaffungsprozessen
Das IIÖ schätzt die Aktivitäten der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung sehr positiv ein, insbesondere die Umsetzung des „nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung“ zeigt ein starkes Engagement, Geld im Sinne der Menschen und der Umwelt einzusetzen. Dies geht d’accord mit dem SDG-Ziel 12.7: In der öffentlichen Beschaffung nachhaltige Verfahren fördern, im Einklang mit den nationalen Politiken und Prioritäten.
Öffentliche Investitionen in nachhaltige Produkte und die Substitution energieintensiver Materialien bei der Beschaffung sind in Niederösterreich ebenfalls überdurchschnittlich im Vergleich mit Rest Österreich.
Für die Analyse des Nutzungsverhalten im Bereich Konsum wurden die Ernährungsgewohnheiten der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher bewertet. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Konsum von gesunden Lebensmitteln wie Obst und Gemüse unterdurchschnittlich ist, während der Anteil von Fleisch und zuckerhaltigen Getränken, die aus ernährungsphysiologischer Sicht eher ungünstig sind, über dem Durchschnitt liegt.
Insgesamt liegen in Niederösterreich im öffentlichen Bereich sehr positive Aktivitäten vor, während bei der Bevölkerung der Gedanke des nachhaltigen Konsums noch ausbaufähig wäre. Die international erfolgreiche Web Plattform „wir-leben-nachhaltig“ der NÖ Energie- und Umweltagentur – https://www.wir-leben-nachhaltig.at/ – leistet hier einen wertvollen Beitrag zu Verbesserung der Situation.
Indikatoren
+ Aktivitäten der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung
+ Nationaler Aktionsplan zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung
+ Öffentliche Investitionen in nachhaltige Produkte
+ Substitution energieintensiver Materialien bei Beschaffung
~ Ernährungsgewohnheiten Fisch: Täglich oder mehrmals täglich
– Ernährungsgewohnheiten Säfte aus Obst und Gemüse: Täglich oder mehrmals täglich
– Ernährungsgewohnheiten zuckerhaltige Getränke: Täglich oder mehrmals täglich
– Ernährungsgewohnheiten Fleisch oder Wurstwaren: Täglich oder mehrmals täglich
– Ernährungsgewohnheiten Gemüse: Täglich oder mehrmals täglich
– Ernährungsgewohnheiten Obst: Täglich oder mehrmals täglich
Systemqualität
115 Großküchen der Niederösterreichischen Landesverwaltung mit über 10 Mio. Mittagsportionen pro Jahr kaufen nahezu 100% regional (NÖ, Ö) ein – bei einem durchschnittlichen Bioanteil von über 30%. Die NÖ Landhausküche liegt sogar bei einem Bioanteil von 75%.
Die Großküchen der Landesverwaltung und der Landesgesellschaften im Mehrheitseigentum des Landes preisen seit 2018 die Herkunft und Qualität der Lebensmittel auf dem Speiseplan oder am Aushang an (seit 2023 im Umfang und Qualität des Programms „Gut zu wissen“, Landesregierungsbeschluss „Herkunftsnachweise“).
Produzenten und Lieferanten werden angehalten, sich an anerkannten Qualitätsprogrammen (z.B. AMA Gütesiegel) und durch eine Mitgliedschaft bei einem anerkannten Tiergesundheitsdienst (z.B. Qualitätsgeflügelvereinigung QGV) zu beteiligen. Auf zertifizierte Futtermittel wie GMP+, pastus+ oder QS wird geachtet.
Eier, Eiprodukte, Milch und Milchprodukte müssen gentechnikfrei produziert sein, d.h. dass keine genetisch veränderten Futtermittel verwendet werden und dass während der Lebensmittelverarbeitung auf gentechnisch veränderte Organismen verzichtet wird.
Fische und Fischprodukte sollen aus regionalen Quellen stammen (z.B. 100% einheimischer Fisch in der NÖ Landhausküche) und entsprechend zertifiziert sein.
Nahrungsmittel, die nicht im Inland bzw. in einem europäischen Land mit ausreichendem Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnenschutz erzeugt werden können wie z.B. Kaffee, Schwarztee, Kakao, Bananen, müssen aus sozial fairer Produktion stammen (100% faire Produkte bei der NÖ Landhausküche).
Faire und biologische Produkte haben schon lange Einzug in den Handel gehalten –und das zu erschwinglichen Preisen. Im privaten Konsum werden mengenmäßig mehr pflanzliche Lebensmittel in Bio-Qualität eingekauft als tierische. Ein hoher Anteil von Ausgaben für langlebige Güter und für den Wohnbereich zeigen Wertbewusstsein. Dem stehen aber höhere Ausgaben für „Genussmittel“, für Verkehr (inkl. Flugverkehr) gegenüber.
Trotz hinreichender Bemühungen im Hinblick auf nachhaltige Beschaffung für insgesamt 115 Großküchen der Niederösterreichischen Landesverwaltung ist die Systemqualität bzw. der Zustand im Sektor des Konsums und der nachhaltigen Beschaffung als unterdurchschnittlich einzuschätzen. Für diesen Bereich der Bewertung wurde die Nachfrage nach Bio-Lebensmittel sowie Dienstleistungen mit Umweltzeichen unter dem Aspekt der SDG-Ziele 2 und 12 beurteilt: „Eine nachhaltige Landwirtschaft kann nur gewährleistet werden, wenn die Nachfrage nach biologisch angebauten Lebensmitteln hoch ist.“ Die Häufigkeit des Kaufs von Bio-Produkten ist in Niederösterreich jedoch unter dem Durchschnitt und trägt zur gering SDG-gegenläufigen Bewertung bei.
Indikatoren
+ ÖPUL Antragsteller (NÖ auf Platz 1)
+ Häufigkeit Biogetreide
– Häufigkeit Biofleisch
– Häufigkeit Bio-Milchprodukte
– Umweltumsatz insgesamt aus EGSS (Umweltprodukten)
– Produkte und Dienstleistungen mit Umweltzeichenlizenz
Handlungsansätze
- Weiterer Ausbau der Services und der Website „NH Beschaffungsservice NÖ“
- Unterstützung einschlägiger Umsetzungsprogramme des Landes mit nachhaltigen Ausschreibungen
- Bewusstseinsbildende Maßnahmen zur Identifikations-Stärkung der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst (Image- & Erklär-Videos, Vor- Ort Beratungen,…)
- aktive Beteiligung im Programm „Ö isst regional“ und Ausbau der Bioquote in öffentlichen Großküchen
- Weitere Bewerbung und Sichtbarmachung der Initiative „wir-leben-nachhaltig“, die sich mit ihren Informationen und Aktivitäten zum nachhaltigen Lebensstil an die Niederösterreichische Bevölkerung wendet.
- Öffentlichkeitswirksame Kampagne zum Thema nachhaltiger Konsum kann das Kaufverhalten der Niederösterreichischen Bevölkerung beeinflussen – aktuelle und umsetzungsorientierte Tipp und Informationen dazu finden sich auf der Plattform „wir-leben-nachhaltig“.
Die zusammenfassenden Analysen der Hauptbereiche im Umwelt-, Klima- und Energiebericht des Landes beruhen auf wissenschaftlichen Analysen und Erkenntnissen des Institutes für Industrielle Ökologie (St.Pölten 2024) vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDG) der Agenda2030 und auf Beiträgen durch den SDG Fachbeirat des Landes. Die Analysen basieren auf der Auswertung von Indikatoren gemäß der SDG Indikatorensammlung der Bundesländer (insg. ca. 500 Indikatoren) mithilfe des Analysewerkzeuges N-CHECK-Strat – dem Analysewerkzeug des SDG Fachbeirates. Die Zeichen bei den Indikatoren Aufzählungen bedeuten: „+“ SDG konform, „-“ SDG gegenläufig oder nicht konform, „~“ indifferent, im Ö Durchschnitt liegend.
Kontakt:
Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung Umwelt- und Energiewirtschaft, Landhausplatz 1, Haus 16, 3109 St. Pölten, E-Mail: post.ru3@noel.gv.at, Tel: 02742/9005 – 14352, Fax: 02742/9005 – 14350